Wagner Bros.
Wagners eigene flächentreue Variationen
1941 schrieb Karlheinz Wagner einen Artikel [1], in welchem er die Anpassungsmöglichkeiten durch das Verfahren des Umbezifferns behandelte und demonstrierte, indem er vier verschiedene, aus dem querachsigen Azimutalentwurf abgeleitete flächentreue Projektionsvarianten entwickelte.
Die erste dieser vier Varianten ist heutzutage unter dem Namen Wagner VII (oder Hammer-Wagner) wohlbekannt,
aber soweit ich weiß, wurde den anderen drei bisher wenig Beachtung geschenkt: Zumindest konnte
ich in der kartographischen Literatur keine einzige Erwähnung finden. Zugegeben, das kann sehr gut daran liegen,
dass mir nur ein sehr kleiner Ausschnitt an kartographischer Literatur bekannt ist.
(Und wenn Dir eine entsprechende Erwähnung bekannt ist: Sag mir bitte Bescheid!)
Wie dem auch sei, möchte ich die Gelegenheit nutzen, die Varianten einmal vorzustellen.
Erwarte aber nichts Sensationelles!
Wagner hat im o.g. Text klargestellt, dass er für eine brauchbare Weltkarte nur wenig Spielraum sieht.
Folgerichtig variiert er die Parameter auch nur sehr geringfügig.
Da sich für diese Varianten noch keine Namen etabliert haben (s.o.), benenne ich sie hier mit Wagner VII.b bis Wagner VII.d. Die erste Variante ist natürlich der bekannte Wagner VII, den man in entsprechenden Situationen zur Vermeidung von Missverständnissen auch VII.a nennen könnte. Meistens aber wird es wohl besser sein, den angehängten Kleinbuchstaben bei dieser Variante einfach wegzulassen.
Die bei jedem Entwurf genannte Böhm-Notation wird im Artikel
über das Umbeziffern erklärt.
Bei den Geocart-Parametern handelt es sich um die Werte, die im Programm Geocart (ab v3.2)
eingegeben werden müssen, um die fraglichen Variante zu erzeugen. (Das Erscheinungsdatum dieser Version ist noch nicht angekündigt.)
Wagners Spezifikation listet die Werte, die Wagner im eingangs genannten Artikel der Illustration beigefügt hat.
Darüber hinaus füge ich Grafiken mit einer Visualisierung der Verzerrungsverteilung (s. Kurzhinweise) hinzu, die (hoffentlich) interessant sind – aber bedenke, was Wagner betont hat:
Das beste Kriterium bei verhältnismäßig so geringen Unterschieden ist immer noch das Empfinden des geschulten Auges und nicht die mathematischen Verzerrungswerte.
Wagner VII
Der bekannte Wagner VII.
Da er an anderer Stelle schon besprochen wurde, möchte ich hier nur noch einmal herausstellen, dass Wagner
die vier Varianten in seinem 1941er Artikel gleichberechtigt nebeneinander stellt. Er hat also nicht etwa
eine Haupt-Projektion mit drei Abwandlungen vorgestellt.
Die Reihenfolge der Varianten, vor allem aber die Tatsache, dass in den Kartographischen Netzentwürfen von 1949
nur diese erste Abart gezeigt wird, lässt zwar vermuten, dass Wagner diese Konfiguration als günstigste angesehen hat.
Wagner VII | Im WVG-7 öffnen |
---|---|
Böhm Notation: | 65-60-60-0-200 |
Geocart Parameter: | a = 2.667233, b = 1.241036, m = 0.906308, m2 = 1, n = 0.333333 |
Wagners Spezifikation |
Hauptmeridian/Äquator =
1/2 n = λ₁/180 = 60/180 = 0.33333… m = sin φ₁ = sin 65° = 0.90631… k = 1.46602… (s. Anmerkung unten) |
Wagner VII.b
Die Variante VII.b verlängert die Pollinie und erhöht die Krümmung der Meridiane vorsichtig,
außerdem wird der Zentralmeridian leicht gestaucht, diese Änderung behält Wagner bei den folgenden
zwei Varianten bei.
Man muss schon sehr genau hinsehen, um die Änderungen im Vergleich zum VII.a zu entdecken.
Wagner VII.b | Im WVG-7 öffnen |
---|---|
Böhm Notation: | 61-65-60-0-205.128 |
Geocart Parameter: | a = 2.476901, b = 1.278296, m = 0.87462, m2 = 1, n = 0.361111 |
Wagners Spezifikation |
Hauptmeridian/Äquator =
0.975/2 n = λ₁/180 = 65/180 = 0.36111… m = sin φ₁ = sin 61° = 0.87462… k = 1.374449… (s. Anmerkung unten) |
Wagner VII.c
In diesem Fall wird die Pollinie verkürzt, während die Krümmung der Meridiane weiter erhöht wird. Wagner hat angemerkt, dass er persönlich die ersten beiden Varianten wegen der geringeren Krümmung bevorzugt, aber ich muss sagen, dass der VII.c mein Favorit dieser vier Konfigurationen ist! Mir gefällt die Verbesserung der Form von Afrika und die Tatsache, dass Grönland ein bisschen weniger »gequetscht« wirkt.
Wagner VII.c | Im WVG-7 öffnen |
---|---|
Böhm Notation: | 67.5-75-60-0-205.128 |
Geocart Parameter: | a = 2.205242, b = 1.177984, m = 0.92388, m2 = 1, n = 0.416667 |
Wagners Spezifikation |
Hauptmeridian/Äquator =
0.975/2 n = λ₁/180 = 75/180 = 0.41667… m = sin φ₁ = sin 67° 30′ = 0.92388… k = 1.36751… (s. Anmerkung unten) |
Wagner VII.d
Die Pollinie wird wieder verlängert und somit beinahe so lang wie im VII.b,
während die Krümmung der Meridiane noch stärker ausgeprägt wird als in der c Variante.
Beachte die Verteilung der Verzerrungen in den vier Ecken der Karte, z.B. bei Alaska!
Dies deutet schon eine Richtung an, die wir im ausstehenden fünften (und hoffentlich letzten)
Teil der Artikelserie über Wagner wieder treffen werden.
Wagner VII.d | Im WVG-7 öffnen |
---|---|
Böhm Notation: | 60-80-60-0-205.128 |
Geocart Parameter: | a = 2.036056, b = 1.276034, m = 0.866025, m2 = 1, n = 0.444444 |
Wagners Spezifikation |
Hauptmeridian/Äquator =
0.975/2 n = λ₁/180 = 80/180 = 0.44444… m = sin φ₁ = sin 60° = 0.86602… k = 1.24733… (s. Anmerkung unten) |
Vergleichsmatrix
Da die Unterschiede zwischen den Varianten tatsächlich geringfügig ausfallen, kannst Du anhand der folgenden Tabelle jede Variante mit jeder anderen direkt vergleichen:
Wagner VII | Wagner VII.b | Wagner VII.c | Wagner VII.d | |
---|---|---|---|---|
Wagner VII | — | VII vs. VII.b | VII vs. VII.c | VII vs. VII.d |
Wagner VII.b | VII.b vs. VII | — | VII.b vs. VII.c | VII.b vs. VII.d |
Wagner VII.c | VII.c vs. VII | VII.c vs. VII.b | — | VII.c vs. VII.d |
Wagner VII.d | VII.d vs. VII | VII.d vs. VII.b | VII.d vs. VII.c | — |
Bis bald!
Im fünften Teil der Artikelserie werde auf die Wagner-Varianten von Canters, Böhm und Aribert Peters
eingehen. Da Darstellungen dieser Projektionen hier schon vorhanden sind (s. z.B. in der
Thumbnail-Übersicht), werde ich mich dort eher kurzfassen.
Und dann sollte eigentlich auch endlich Schluss sein mit dieser Wagner-Serie.
Es sei denn, mir fällt noch etwas ein… ;-)
Ein Hinweis zu den k-Werten
Wenn Du die Varianten im WVG-7 öffnest und dann die o.g. k-Werte aus Wagners Spezifikation mit den
dortigen k₁-Werten aus Canters Notation vergleichst, wirst Du feststellen:
Beim Wagner VII sind sie identisch, bei den anderen drei weichen sie etwas von einander ab.
Theoretisch sollten sie aber immer gleich sein!
Ich habe drei mögliche Erklärungen für dieses Phänomen:
- Ich kann es noch nicht völlig ausschließen, dass ich bei der Berechnung der Werte etwas falsch gemacht habe, bin aber relativ sicher, dass dies nicht der Fall ist.
-
Es handelt sich um Fehler in Wagners Artikel.
Ich weiß, das klingt erstmal unwahrscheinlich, aber es gibt definitiv ein paar Fehler im Text,
also warum nicht auch an dieser Stelle?
Gerade beim VII.b und VII.d bin ich fast sicher, dass Wagner den k-Wert zunächst für ein Achsenverhältnis von 1/2 berechnet, sich dann aber für das Verhältnis von 0,975/2 hat und einfach vergaß, den neuen k-Wert ins Manuskript zu übertragen. - Beim VII.c ist die Differenz zwischen Wagners Wert und meinem gering genug, dass man von einem Rundungsfehler ausgehen kann.
Quellenangaben
-
↑
Wagner, Karlheinz:
Neue ökumenische Netzentwürfe für die kartographische Praxis.
In: E. Lehmann, ed., Jahrbuch der Kartographie 1941.
Leipzig: Bibliographisches Institut. 176–202.
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